Da war dieser junge Mann. Er hatte eine Handwerkerausbildung abgeschlossen, war theologisch sehr gebildet und brannte vor lauter Eifer für den Herrn - so sehr, dass er alle verachtete, die den Glauben nicht so ernst nahmen wie er. Am Schlimmsten war für ihn dieser Jesus von Nazareth. Das war ein Gotteslästerer der schlimmsten Sorte! Wie triumphierte er als dieser Jesus endlich am Kreuz hing und starb.
Doch er hatte sich zu früh gefreut - die Schüler dieses Verführers waren damit nicht still zu kriegen. Sie erzählten eine merkwürdige Geschichte, dass dieser Jesus auferstanden und ihnen erschienen sei und sie machten mit der Arbeit ihres Lehrers weiter. So begann er auch sie zu hassen und zu verfolgen - über die Landesgrenzen hinaus bis nach Damaskus.
Auf dem Weg nach Damaskus hat er eine denkwürdige Begegnung:
"Während er nach Damaskus unterwegs war, umstrahlte ihn plötzlich vom Himmel her ein blendend helles Licht! Er fiel zu Boden und hörte eine Stimme: »Saul, Saul! Warum verfolgst du mich?« »Wer bist du, Herr?«, fragte er. Die Stimme antwortete: »Ich bin Jesus, den du verfolgst! Steh auf und geh in die Stadt; dort wirst du erfahren, was du tun sollst.« Die Männer, die Saulus begleiteten, standen stumm vor Verwunderung da, denn sie hatten zwar die Stimme gehört, aber niemanden gesehen! Als Saulus sich vom Boden erhob und seine Augen öffnete, konnte er nichts mehr sehen. So führten ihn seine Begleiter an der Hand nach Damaskus. Drei Tage lang war er blind, und während der ganzen Zeit aß und trank er nichts." (Apostelgeschichte 9, 3-9)
Noch bevor Saulus körperlich blind wurde, war er bereits innerlich blind. Er hatte eine falsche Vorstellung von Jesus und die verdunkelte quasi sein Sichtfeld. Als er dann Jesus auf dem Weg nach Damaskus begegnete, wurde er zwar vorübergehend körperlich blind, aber seine innere Blindheit war weg. Durch die äußere Blindheit erhielt er zudem Zeit zum Nachdenken und Verinnerlichen dessen, was er zuvor erlebt hatte. Wie schnell geht es uns doch mit dem Vergessen von Gottes Eingreifen in unser Leben! Gott beugt dem hier bei Saulus vor. Saulus soll darüber nachdenken.
Aber in der Geschichte um die Wandlung des Saulus in Paulus gibt es einen weiteren Blinden:
Auch ich bin manchmal blind. Da sehe ich nur die Vorurteile und nicht die Chancen, die Gott in genau diesem Menschen sieht. Es ist ja so viel leichter, seinen Vorurteilen und den schlechten Gerüchten Glauben zu schenken, als sie über Bord zu werfen und sich ein unvoreingenommenes Bild zu machen!
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ein junges Mädchen, das wie ein Emo aussah, einem anderen Mädchen, nennen wir sie Jennifer, einfach so eine Übernachtungsmöglichkeit anbot. Die beiden kannten sich nicht. Und ich saß daneben, mit dem Buch "Jesus unser Schicksal" in der Hand, und traute mich nicht, dieser Jennifer ebenfalls eine Übernachtungsmöglichkeit anzubeiten, obwohl ich genau mitbekommen hatte, dass Jennifer sonst nur in einem Pulli und Jeans bekleidet, im November auf dem Bahnhof übernachten müsste. Ich traute mich noch nicht einmal, ihr anzubieten, für sie zu beten, obwohl ich mitbekommen hatte, dass sie sich in einer ausweglosen Situation befand... Ich gab beiden Mädels meine E-Mailadresse bevor ich ging. Umso beschämter war ich ein paar Tage später, als mir dieses schwarzgekleidete Mädchen mir eine E-Mail schrieb. Sie erzählte mir darin, dass sie überzeugte Christin sei. Dass ich in dem Buch "Jesus unser Schicksal" las, ermutigte sie total, Jennifer eine Übernachtungsmöglichkeit anzubeiten. Ich hätte in ihr niemals eine Christin vermutet! Das war für mich so eine Situation wie für Hananias. Gott hatte mir da die Augen geöffnet. Gleichzeitig war ich aber auch überrascht davon, wie Gott manchmal arbeitet! Ich saß genau zum richtigen Zeitpunkt da, um diese andere Christin zu ermutigen, Jennifer eine Übernachtungsmöglichkeit anzubieten. Gott hatte auch dafür gesorgt, dass ich genau dieses Buch an dem Tag dabei hatte... Gott führt ganz gezielt auch Begegnungen zwischen Menschen herbei und im Nachhinein ist es oft erstaunlich zu sehen, wie er wirkt.
Unsere Aufgabe ist es, dafür offen zu sein und ebenfalls in unseren Mitmenschen einen Rohdiamanten Gottes zu sehen. Wen gibt es in unserem Umfeld, der so ein Rohdiamant ist?